Die Welt reibt sich die Augen, das Kriegsleid geht weiter, vor allem unter der Zivilbevölkerung und Soldaten, die einen hohen Blutzoll bezahlen. Sei es im nahöstlichen Ukrainekrieg oder im ungelösten Nahostkonflikt, der mit ungeheurer Brutalität wieder aufflammt. Palästina mit Russland zu vergleichen, hilft nicht weiter, wenn es darum geht, den weiteren Verlauf des Krieges zu prognostizieren, obwohl Putin einseitig davon profitieren dürfte. Gemeinsam war und ist die Hoffnung, dass der Spuk bald vorbei ist. Der Ukrainekrieg hat bereits das Gegenteil bewiesen.
Nach den massiven Völker- und Menschenrechtsverletzungen wird auch das Kriegsvölkerrecht (KVR) missachtet. Der Ukraine und Israel werden international mehrheitlich das Recht auf Selbstverteidigung zugestanden. Israel unterlässt es, den Sicherheitsrat einzuberufen, wohl wissend, dass es wahrscheinlich nur Zeitverschwendung wäre. Wer hätte ein Interesse daran, ein Veto einzulegen? Die Sache scheint klar, auch weil keiner der ständigen Vertreter im UN-Sicherheitsrat (P5) direkt betroffen ist und kein arabischer Staat ein Vetorecht hätte. Hinzu kommt, dass die gefühlte Distanz Europas zum Nahen Osten grösser ist als diejenige der Ukraine im näheren Osten. Die UNO wäre mit einem funktionierenden Sicherheitsrat wieder handlungsfähiger und die Schweiz mit einer Resolution elegant von ihren Neutralitätspflichten entbunden. In Europa gibt es eine selektive Wahrnehmung und die Versuchung, sich die Kriege so zurechtzulegen, wie es uns gerade genehm ist. Hamas ist keine Befreiungsbewegung, sondern faktisch die Regierung in Gaza. Sie setzt 2.2 Millionen Bewohner als Waffen ein, um viele Israelis zu töten. Die Solidarität schwindet schnell, wenn Israel beginnt, sich zu verteidigen. Opportun und bequem, wenn man sich auf der anderen Seite des Mittelmeers befindet.
Und wie sieht es mit dem Kriegsmaterialgesetz aus, wenn Kriegsmaterial, das in die USA oder andere Nato-Länder geliefert wurde, in Israel zum Einsatz kommt? Greift das Wiederausfuhrgesetz oder wird gar nicht erst angefragt? Israel ist ein langjähriger und zuverlässiger Lieferant von Rüstungsgütern für die Schweizer Armee und ein Abnehmer von Schweizer Rüstungsmaterial. Was bedeutet dies für die weitere Zusammenarbeit, nachdem Israel den Kriegszustand ausgerufen hat? Die Schweiz muss sich hier glaubwürdig und stringent positionieren. Die Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel.
Kriege werden oft von Regimes geführt, die glauben, auf die gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Kriegslüsternheit keine Rücksicht nehmen zu müssen. Der Überschuss an «unversorgten» testosterongeladenen Männern, mit düsteren Zukunftsaussichten und kaum Hoffnung auf eine bezahlte Arbeit oder eine sinnvolle Beschäftigung, machen ihre Rekrutierung durch Terrororganisationen, bewaffneten nichtstaatlichen Akteuren und kriminelle Banden viel wahrscheinlicher. Es ist zudem ein grosser Unterschied, ob Israelis kämpfen um zu (über)leben und oder Hamas Soldaten kämpfen um zu sterben. Unsere liberale aufgeklärte Gesellschaft tut sich schwer mit dieser zerstörerischer Gesinnung.
Was lernen wir im Umgang mit der Ressource Mensch? Wir können der Ukraine noch so viel Ausrüstung und Munition geben, wenn wir nicht gleichzeitig NATO-Truppen stellen, irgendwann gehen der Ukraine die kämpfenden Soldaten aus, es sei denn, die Konfrontation geht in einen Guerillakrieg über.
Beide Kriege zeigen das Potential der Reservisten. Viele Ehemalige und Freiwillige melden sich, wenn es darum geht, das eigene Land vor massiver Bedrohung und Zerstörung von Land und Leuten zu bewahren. Auch in der Schweiz können wir auf die Bereitschaft von «Ausgemusterten» zählen, wenn es ernst wird mit der Verteidigung unseres Landes. Muss es erst so weit kommen, dass wir die brachliegenden und motivierten Ressourcen einbeziehen? Die Schweiz hat eine Milizarmee und eine Armee von freiwilligen Milizunterstützern. Ich wage zu behaupten, dass im Bedarfsfall auch Zivildienstleistende freiwillig einen zusätzlichen Dienst leisten würden. Dieses Potenzial muss bereits in Friedenszeiten berücksichtigt werden. Eine blosse Adressverwaltung der Ehemaligen genügt nicht. Ein Minimum an ausserdienstlichen Aktivitäten und Anlässen, eine gezielte Informationskampagne zum «Abholen» der Leute und Weiterbildungsveranstaltungen sind angemessen zu berücksichtigen. Bei der Beschaffung von Armeematerial sind die Bedürfnisse einer Territorialreserve zu berücksichtigen. In Zusammenarbeit mit der Armee und den Milizorganisationen könnte so das Problem des chronischen Unterbestandes der Armee entschärft werden.
In eigener Sache
Der Vorstand der Schweizerischen Offiziersgesellschaft ist mit Ausnahme des Generalsekretariats und der Revisionsstelle dem Milizgedanken verpflichtet. Die ASMZ ist das Sprachrohr der SOG. Die zwölf Mitglieder des Vorstands werden an der Delegiertenversammlung gewählt. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre, ausgenommen der Präsident, für den fünf Jahre gelten. An der Delegiertenversammlung 2024 stehen drei Vorstandsmitglieder und der Finanzchef (FC) zur Neuwahl. Der Vorstand der SOG ersucht alle KOG und Fach OG, bis Ende 2023 Nachfolgerinnen oder Nachfolger an das Generalsekretariat zu melden.
Kommentare und Antworten
Sei der Erste, der kommentiert