Reizthemen: Internationale Entwicklungshilfe und Armeeausgaben
Die Schweiz gilt als sicheres Land mit ausgezeichneter Infrastruktur, hoher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, sozialem Frieden und hohem Wohlstand. Unsere Sicherheitsorgane tragen massgeblich zu einem stabilen und sicheren Umfeld bei. Die Armee verdient eine hohe Priorität bei der Zuteilung der ohnehin knappen finanziellen Mittel. Nicht zu vergessen, dass bei sinkender Wirtschaftsleistung, grösserer sozialen Unzufriedenheit und sicherheitspolitischen Unsicherheit das BIP sinkt. Mit zahlreichen Verlierern.
Aller guten Dinge sind drei. Was der Volksmund für eine positive Überraschung hält, gilt nicht, wenn es um die Armeefinanzen geht. Bundesparlamentarier kreuzen sich wegen drei Artikeln, die in der Bundesverfassung stehen, die Klingen.
- Im Artikel 58(2) werden die Armeeaufgaben definiert: Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen.
- Im Artikel 54(2) wird zu den Beziehungen zum Ausland festgehalten: Der Bund setzt sich ein für die Wahrung der Unabhängigkeit der Schweiz und für ihre Wohlfahrt; er trägt namentlich bei zur Linderung von Not und Armut in der Welt, zur Achtung der Menschenrechte und zur Förderung der Demokratie. Die Internationale Zusammenarbeit (IZA), bzw. die Entwicklungszusammenarbeit, ist ein zentrales Organ bei der Umsetzung der Strategie.
- Im Artikel 126(1) wird zur Haushaltsführung und insbesondere zur Schuldenbremse ausgeführt: Der Bund hält seine Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht.
Die Schuldenbremse, vom Volk so gewollt, ist in diesem Trio die «Spielverderberin». Die Artikel 54 und 58 betreffen zwei der vier ungebundenen Ausgabenbereiche. Die beiden anderen Bereiche sind die Landwirtschaft sowie Bildung und Forschung. Die ungebundenen Ausgaben machen knapp 30% des Bundeshaushalts von 86 Milliarden aus. Grundsätzlich herrscht Konsens: Erst Sparpotenziale aufzeigen, bevor Steuern erhöht und Schulden im grossen Stil aufgenommen werden. Beispielsweise sind bei 48 Milliarden Franken Subventionen (2023) durchaus Korrekturen angebracht. Es bleibt zu hoffen, dass der Nationalrat dies nach der Herbstsession ebenso beurteilen wird.
„Die Schweizer sind ein Volk, das früh aufsteht; aber spät erwacht“ Willi Ritschard (1974 – 1983)
Der Ständerat ist in der Sommersession aufgewacht und hat die IZA Lobbisten in eine Krise gestürzt. Die IZA soll auf Kosten der Armee Milliarden Franken aus ihrem Budget 2025-2028 einsparen. Ist das für die nächsten zwei Legislaturen (2025 – 2032) vertretbar? Ja, das ist es. Über gut zwei Jahrzehnte profitierte die IZA von Friedenseinsparungen. Bundesrat und Parlament haben die Prioritäten verschoben: rückläufige Verteidigungsbudget kamen der internationalen Entwicklungshilfe zu Gute. Sparbemühungen bedeuteten in den vergangenen Legislaturen für die Armee laufend weniger Geld und für die IZA zunehmend mehr Geld, nur weniger schnell. Ist es verantwortbar, nebst den 1.5 Milliarden Franken aus dem 11.27 Milliarden Franken IZA Topf einen zusätzlichen Beitrag an die Überlebens- und Wiederaufbauhilfe in der Ukraine zu leisten? Wie gut ist die Schweizer Entwicklungshilfe überhaupt investiert? Könnte man dort mit mehr Effizienz sparen, ohne dass es weh tut? Ja, das kann man wollen oder nicht. Der jüngste Rechenschaftsbericht zeigt auf, dass insbesondere die Nachhaltigkeit der IZA Projekte kritisch hinterfragt werden muss. Dennoch ist beim IZA-Bashing Augenmass gefragt. Vieles läuft gut und es ist durchaus möglich, dass die Kürzungen Ende Jahr weniger einschneidend ausfallen, als vom Ständerat beschlossen. Ein Trend ist zu erkennen: Die Entwicklungszusammenarbeit ist im Gegenwind und die Befürworter einer starken Verteidigungsarmee spüren Rückenwind.
Die Armeebotschaft 2024 ist zu korrigieren
In der Armeebotschaft 2024 beantragt der Ständerat eine Erhöhung des Zahlungsrahmens (2025-2028) um vier Milliarden auf 29.8 Milliarden. Die eine Hälfte soll bei der internationalen Entwicklungszusammenarbeit eingespart werden, die andere bei den Betriebs- und Personalaufwendungen im Verteidigungsdepartement und in den anderen Departementen.
Ist es nicht widersprüchlich, dass das Verteidigungsdepartement sparen muss, damit sein Finanzrahmen erhöht werden kann? Nein, dem Verteidigungsdepartement ist zuzumuten, dass innerhalb einer Legislaturperiode ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag effizienter verwendet wird, wohl wissend, dass der Nachrichtendienst des Bundes, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und das Bundesamt für Cybersicherheit unterfinanziert sind. Der Haken dabei ist, dass die Einsparungen in der Regel der allgemeinen Bundeskasse gutgeschrieben werden und nicht wie vorgesehen für den Fähigkeitsaufbau der Armee zur Verfügung stehen. Hier ist die Politik gefordert, Korrekturen vorzunehmen. Besonders irritierend ist das Ergebnis der ETH Umfrage von Ende Januar 2024, wo nur gerade mal 19% der Befragten fanden, die Armee hätte zu wenig Geld. Im Umkehrschluss: Eine grosse Mehrheit findet, die Armee hätte bereits genug Geld.
Der SiK-N provoziert Grabenkämpfe
Völlig unverständlich ist der Entscheid der SiK-N vom 13. August 2024. Es ist sicherheitspolitisch kaum nachvollziehbar, die Erhöhung des Zahlungsrahmens (25-28) für die Armee abzulehnen, insbesondere in einer Zeit, in der in Europa wieder Krieg herrscht. Auch der 10-Milliarden-Sonderfonds der Verteidigungsministerin Viola Amherd kam unter die Räder. Mit Hü und Hott geht die Kommission im Herbst in den Nationalrat. Die Armee und die IZA riskieren zu verlieren. Ob C.G. Jung mit «Fürchte das Chaos nicht, im Chaos entsteht Neues» Recht behält, muss bezweifelt werden.
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