Im Januar 2023 hat der Bundesrat beschlossen, die Armeeausgaben bis 2035 auf 1 % des BIP ansteigen zu lassen. Unter anderem hat er beschlossen, das Wachstum der Armeeausgaben zu drosseln. Sie sollen zwar immer noch von heute 5,5 auf 7,8 Milliarden Franken im Jahr 2030 steigen, weniger stark als vom Parlament gefordert. Ohne Zusatzfinanzierung fehlen der Armee bis 2035 zehn Milliarden.
Um dieses Ziel zu erreichen, müsste das Militärbudget bis 2030 auf mindestens neun Milliarden zunehmen. Im Voranschlag 2024 werden die Militärausgaben gegenüber der aktuellen Planung um 286 Millionen Franken gekürzt. Für die Jahre 2025‒2026 ist dann ein jährliches Wachstum von real 3% vorgesehen. Die Kritik aus bürgerlichen und militärischen Kreisen liess nicht lange auf sich warten: Das reiche nicht aus, um die Verteidigungsfähigkeit wie geplant zu stärken oder wiederzuerlangen. Wir haben ein bürgerliches Parlament, dass den Budgetvorschlag des Bundesrats anpassen könnte, wenn es denn wollte und nicht gegen die Parteiinteressen sind.
Das bürgerlicher Parlament wird in der Wintersession abschliessend entscheiden müssen.
Die SOG hat an ihrer Delegiertenversammlung eine verzinsliche Überbrückungsanleihe gefordert, die nach Erreichen des 1%-BIP-Ziels rückzahlbar ist. Ständerat und Präsident der SiK SR Werner Salzmann hat Mitte Juni 2023 eine Motion zur Erhöhung der Armeeausgaben unter Einhaltung des Finanzhaushaltgesetzes eingereicht. Am ersten Tag der Herbstsession 2023 wurde seine Motion von der Finanzministerin BR Karin Keller-Sutter kalt abgeduscht. Wo blieben hier die überzeugten bürgerlichen Armeeunterstützer im Ständerat. Mit der Rückweisung an die Finanzkommission dürfte dieser Vorstoss leider sang- und klanglos untergehen. Parteipolitik kam hier wohl vor Sicherheitspolitik. Was ist nun wichtiger? Eine rechtliche Priorität ist nicht erkennbar, denn beides - der ausgeglichene Finanzhaushalt, BV Art. 126 und die Landesverteidigung, BV Art. 58 – sind in der Bundesverfassung verankert. In diesem Spannungsfeld und politischem Dilemma muss die Armee ihren Auftrag erfüllen.
«Ein Ziel ohne Plan bleibt ein Wunsch.» Antoine de Saint-Exupéry. Aber ein Plan ohne Budget ist Träumerei.
Die SBB sollen zum Schuldenabbau einen einmaligen Kapitalzuschuss von 1,15 Milliarden Franken erhalten. So lautete die Schlagzeile Mitte September. Offenbar scheint das Finanzdepartement bei der SBB weniger auf die (Schulden-)Bremse zu treten. Dieses Risiko gilt es zu vermeiden, wenn schon der schuldenfreie Armee eine ähnliche Querfinanzierung verweigert wird.
Die Internationale Zusammenarbeit (IZA) und die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) vertreten den Ansatz einer umfassenden Sicherheitspolitik. Dies ist nachvollziehbar und legitim. Nicht aber, wenn versucht wird, die Mehrausgaben für den Ukrainekrieg nicht aus dem ordentlichen IZA Budget zu finanzieren, notfalls unter Umgehung der Schuldenbremse. Die SOG setzt sich entschieden dafür ein, dass Sicherheitspolitik nicht dazu missbraucht wird, das IZA-Budget zu schonen und indirekt das Armeebudget in zu schmälern.
Eine Reihe von Putschversuchen und bewaffneten Krisen in West- und Zentralafrika zeigen, dass Unsicherheit, soziale Spannungen und politische Instabilität rasch auf andere Länder übergreifen können. Bewaffnete Konflikte, neue militärische Allianzen zwischen Putschstaaten, globale Machtpolitik und geopolitische Interessenkonflikte schwächen die etablierten regionalen und internationalen Organisationen zunehmend. Es wäre sträflich, sich angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine von den wachsenden militärisch-politischen Bedrohungen und sozialen Verwerfungen im globalen Süden ablenken zu lassen oder, noch schlimmer, sie zu ignorieren.
Steigende Strompreise und wachsende Krankenkassenprämien, unkalkulierbare Migrationskosten, wachsende Inflation, zunehmende Mietpreise usw. mehr erhöhen den Druck auf Wirtschaft und Gesellschaft. Die vorgesehenen Beschaffungen sind vor allem eines: Planungen. Noch sind die Verpflichtungskredite nicht gesprochen und die Gelder nicht freigegeben. Für die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit stehen der Armee drei wichtige Legislaturperioden bevor.
Der Ukrainekrieg ist noch im vollem Gange und bereits zeichnet sich eine Art Kriegsmüdigkeit ab. Wenn Solidarität die Nächstenliebe der Staaten ist, dann sind Budgetversprechungen die Solidarität der Politiker.
Kalt erwischt wurden einige Militärexperten im In- und Ausland, die ihre Analysen und Prognosen für den unberechenbaren Krieg ständig korrigieren müssen, um noch einigermassen glaubwürdig zu erscheinen. Es sei denn, sie sind so banal, dass man dafür keine Experten braucht um zu erklären, wie Militär geht. Vergleichbar mit einem Fussballreporter, ob fussballerfahren oder nicht, der den Spielverlauf kommentiert, die Spielregeln grundsätzlich kennt das theoretische oder tatsächliche Kräfteverhältnis der Mannschaften einzuordnen versucht. Daraus ableiten zu wollen, wer wann und in welcher Spielhälfte Tore schiessen wird, ist weder zielführend noch überzeugend.
Wer in der Leo-2-Frage wem die kalte Dusche verpasst, entscheidet die Politik. Hätten sich die Kritiker der Ausserdienststellung einmal in die Hallen der stillgelegten Pz87 begeben und den Zustand der Panzer angesehen, wäre der Widerstand, auch ohne Panzertechniker zu sein, rasch erlahmt. Der Werterhalt von 71 Pz87 auf den Stand 2A7 bis 2035 kostet mehrere hundert Millionen Franken, eine Verbesserung auf den Stand 2A8 ein Mehrfaches. Aufgrund der vorliegenden Konzeption «Zielbild und Strategie für den Aufwuchs der Schweizer Armee» und der fehlenden Finanzen unterstützt die SOG die Ausserdienststellung von 25 Leo-2 zugunsten anderer Systeme für den Fähigkeitserhalt der Bodentruppen. Im Gegenzug erwartet die SOG rasche Verhandlungen mit der deutschen Rüstungsindustrie über Lieferungen von Nachrüstsätzen und Grosskaliber Munition.
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