Wir stehen am Anfang des zweiten Quartals dieses Jahrhunderts. Gute Vorsätze für 2025 wären von Nöten. Das vergangene Jahr war sicherheitspolitisch durchzogen. Bei den Armeefinanzen gebar der bürgerliche Berg eine Maus. Es schien, als sei Gesichtswahrung statt Handeln das Gebot der Stunde. Nach dem Armeebudget ist vor dem (nächsten) Armeebudget. Gute Vorsätze allein bringen die Armee nicht weiter.
Oberst Dominik Knill, Präsident SOG
Die Angst vor einer noch unberechenbaren Zukunft verunsichert die Gesellschaft, führt zu einer Abwehrhaltung und Distanzierung. Trügerischer Zweckoptimismus und der Glaube, alles werde wieder gut und der Spuk skrupelloser Machtpolitik gehöre bald der Vergangenheit an, hat mehr mit Wahrnehmungsverzerrung, als mit Realitätsakzeptanz zu tun. 2024 wurden weltweit über 110 bewaffnete Konflikte und Kriege gezählt. Ein zunehmend handlungsunfähiger UN-Sicherheitsrat und eine stetig an Bedeutung verlierende OSZE erschweren die internationalen Friedensbemühungen. Insgesamt wurden im Jahr 2023 knapp 12 Milliarden US-Dollar für Friedenssicherung und humanitäre Hilfe ausgegeben. Die Bilanz ist gemischt. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Waffen und militärischen Dienstleistungen der 100 grössten Unternehmen beliefen sich 2023 auf 632 Milliarden US-Dollar (SIPRI23). Kriegstauglichkeit und militärische Sicherheit sind käuflich, verhindern aber keinen Krieg. Die Chancen für einen Waffenstillstand im Ukrainekrieg könnten in diesem Jahr steigen. Ein Verhandlungsfrieden ist immer auch ein Diktat- oder Verzichtsfrieden, der wiederum keine Garantie für einen späteren Friedensschluss ist.
Sorgenvolle Schweiz?
Solange in der Schweiz Wohlstandsängste, Sorgen um die Altersvorsorge, steigende Gesundheitskosten, wachsende Migrationszahlen und der fortschreitender Klimawandel die Notwendigkeit einer starken Armee in den Hintergrund drängen, werden akute Bedrohungsszenarien, oberhalb und unterhalb der Kriegsschwelle, verdrängt. Das Jahr 2025 wird für die Armee wegweisend sein. Das Armeebudget 2025 schaffte es nach zähem Ringen und schmerzhaften Kompromissen mit zusätzlichen 530 Millionen ins neue Jahr, obwohl fast das doppelte notwendig wäre. Das ambitionierte Ziel von 1% des BIP wurde im Parlament auf das Ende der Legislaturperiode 2029-2032 verschoben. Das ambitionierte Ziel 2030 wurde de facto der Schuldenbremse zum Frass vorgeworfen. Es ist absehbar, dass der Widerstand durch andere Organisationen und Institutionen stark zunehmen wird, wenn sie erneut weitere Einsparungen zu Gunsten der Armee hinnehmen müssten. Die Fronten dürften sich verhärten und der Ruf nach Mehreinnahmen wird lauter werden. Die SOG setzt sich, unabhängig von Jahres- und Prozentzahlen, dafür ein, dass der Armee bis Ende der 30er Jahre 50 Milliarden zur Verfügung stehen, davon 13 Milliarden bis Anfang der 30er Jahre.
Revision Dienstpflichtmodell
Eine Erhöhung des Sollbestandes von 100'000 auf 120'000 Angehörigen der Armee bleibt vorerst ein frommer Wunsch. Der viel gelobten und von der Bevölkerung akzeptierten Milizarmee werden bereits heute mit der de facto Wahlfreiheit die dringend benötigten Bestände verweigert. Der Bundesrat hat das VBS und das WBF im Frühjahr 2022 beauftragt, zwei Modelle zu prüfen und Empfehlungen bis Ende 2024 dem Bundesrat zu unterbreiten. Es handelt sich dabei um die Sicherheitsdienstpflicht und die bedarfsorientierte Dienstpflicht. Die Sicherheitsdienstpflicht kommt in erster Linie dem Zivilschutz zugute und hat den Nebeneffekt, dass weniger Militärdiensttaugliche in den (waffenlosen) Katastrophenschutz übertreten. Die vorgeschlagene Zusammenlegung von Zivildienst und Zivilschutz stellt Bund und Kantone zudem vor enorme logistische, strukturelle, organisatorische und vor allem finanzielle Herausforderungen. Auch die bedarfsorientierte Dienstpflicht, in dem Männer und Frauen gleichermassen Dienst leisten müssen, wird viel mehr kosten als das heutige Dienstpflichtsystem. Der Bundesrat hat sich an seiner ersten Sitzung im Januar 2025 mit der Revision des Dienstpflichtmodells befasst. Das Ergebnis ist äusserst unbefriedigend und mit dem weiteren Vorgehen wird auf Zeit gespielt, zum Schaden der Armee. Gerade mal der obligatorische Orientierungstag für Frauen wird berücksichtigt. Dieser dürfte auf wenig Widerstand stossen aber nur begrenzt Wirkung zeigen. Das Parlament wird in der Frühjahrs- und Herbstsession über die Dienstpflicht beraten. Mit der Volksinitiative «Für eine engagierte Schweiz (Service Citoyen-Initiative)» steht ein Bürgerdienstpflichtmodell vor der Abstimmung. Die SOG lehnt diese Initiative entschieden ab. Diese stellt statt sicherheitspolitische, staatspolitische Aspekte in den Vordergrund und lässt im Dunkeln, wie Armee und Zivilschutz ausreichend alimentiert werden. Ein staatliches Bürokratiemonster, das die Bevölkerung auf Kosten der Steuerzahler und in Konkurrenz zur Privatwirtschaft zu teilweise fragwürdigen Zwangsarbeiten verpflichtet, ist an der Urne kategorisch abzulehnen.
Hausaufgaben 2025
Es zeugt von Selbstbewusstsein, wenn sich die Armee als Leuchtturm für die Bewältigung von Krisen aller Art in Szene setzt, es zeugt aber nicht von Realitätssinn, wenn parallel dazu Projekte in die Schlagzeilen geraten, die angeblich aus der Ruder gelaufen sind. Destruktive Personalvorgaben mögen eine Rolle spielen, mindestens ebenso ambitionierte Erwartungen, die durchgewunken werden und zunehmend den Status von finanzkritischen Projekten haben. Verschiedene Akteure haben es nicht verwunden, dass der Armee in der letzten Wintersession mehr finanzwirksame Zahlungskredite für 2025 bewilligt wurden. Sie wollen zeigen, dass die Armee nicht mit «Geld» umgehen kann. Die Medien beteiligen sich mit Un- und Halbwahrheiten an einer Desinformationskampagne. Die SOG unterstützt weitgehend und kritisch die Massnahmen der Armeeführung zur Umsetzung der anspruchsvollen Projekte. Sie distanziert sich in aller Deutlichkeit von undifferenzierten und pauschalen Vorwürfen die zu einer Diskreditierung der Armee führen.
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